Spielkultur im Pétanque-Sport

Vieles von dem, was auf dem Platz passiert, kann und muss in Regeln formuliert sein (siehe https://deutscher-petanque-verband.de/dpv-regelwerk/). Daneben gibt es jedoch auch Abläufe im Spiel, die man beherzigen sollte und die den unbedarften Boule-Spieler vom fairen Sportler unterscheiden. Der nachstehende Text beinhaltet Auszüge aus dem Verhaltenskodex von Claus Sternberg (†2018), der als Nachwort im offiziellen gedruckten Regelheft des DPV Einzug hielt und aus dem wir mit freundlicher Genehmigung der Sportfreunde des TV 1860 Fürth zitieren dürfen.

Für den Umgang miteinander gibt es natürlich kein Patentrezept. Die Faktoren sind so vielfältig wie die Menschen, die aufeinander treffen und die Kombinationen von Mit- und Gegenspielern sind so unterschiedlich, wie sie nur sein können. Immer fair und auch manchmal großzügig mit Partnern und Gegnern umzugehen, ist nicht zuletzt eine Charakterfrage. Deshalb versteht bitte die folgenden Hinweise zur Spielkultur als konstruktive und sportliche Vorschläge für diejenigen, die unter Pétanque mehr verstehen als das Werfen von Kugeln als Freizeitbeschäftigung.


Vor dem Spiel / Kleidung und Equipment

  • Wichtig für den reibungslosen Spielablauf ist nicht zuletzt das Outfit, es sollte im Hinblick auf das Wetter richtig gewählt sein. Bequeme, ggf. regenfeste Kleidung und feste Schuhe sind selbstverständlich, hingegen Sandalen oder Flip Flops unter ernsthaften Spielern keine Option. Bei Turnieren oder bei Ligaspielen sollte die Mannschaft nicht nur im Verhalten auf dem Platz, sondern auch in der Kleidung als Einheit auftreten. Das stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl und der Gegner sieht sich einer Einheit gegenüber.
  • Telefon, Alkohol und Zigaretten sind auf dem Platz verpönt und werden bei Turnieren ohnehin als Verstoß geahndet. 
  • Eine Münze zur Platzwahl, ein Cochonnet und ein Maßband sind obligatorisch. Dies gibt Dir auch immer die Möglichkeit, dem Gegner z.B. das Maßband zu leihen. Es stärkt andererseits nicht die eigene Position, gegen einen starken Gegner hinten zu liegen um ihn dann noch um das Maßband zu bitten.
  • Bei Turnieren gibt das Regelwerk die Platzbegrenzung vor. Im freien Spiel solltest Du mit dem Gegner vor Spielbeginn klären, was tot ist und was nicht. Je nach Gelände oder im öffentlichen Raum wie z.B. Parks, kann es auch sinnvoll sein, sich auf eine Spielfeldbegrenzung zu einigen. Falls nicht auf der gesamten Länge (20 m) gespielt werden kann, weil z.B. andere Partien laufen (z.B. Hofgartenturnier), ziehe in Absprache mit dem Gegner eine Linie, ab der die Kugeln tot sind. Alle toten Kugeln entweder entfernen oder in einen kleinen markierten Kreis legen.

Der Verlauf des Spiels

Verhalte und positioniere Dich auf dem Platz so, dass dadurch der Verlauf der Partie nicht beeinträchtigt wird. Eine Mannschaft sollte durch ihr Auftreten immer als Einheit wirken, d.h. zusammenstehen.

  • Der Wurfkreis muss 35-50cm groß sein. Nicht übertreten oder das Bein heben, das bietet dem Gegner Angriffsfläche oder ruft im Extremfall den Schiedsrichter herbei, der Dich verwarnt.
  • Beim Wurf einer Kugel bleibst Du mit beiden Füßen im Kreis stehen, mindestens bis die Kugel den Boden berührt!
  • Falls Du die Sau zu kurz oder zu weit ausgeworfen hast, markiere sie, ehe Du sie aufhebst, so dass im Zweifel die Entfernung auch ohne Sau noch einmal nachgemessen werden kann. Selbst bei eindeutig richtiger Entfernung sollte man die Sau vor der ersten Kugel markieren.
  • Wenn ein gegnerischer Spieler im Kreis steht, platziere Dich nach Möglichkeit außerhalb seines Wahrnehmungsradius, i.d.R. im Team geschlossen 2-3 Meter seitlich hinter der Sau. Alternativ kannst Du mit mindestens 2m Abstand auch seitlich hinter dem Wurfkreis stehen. Fakt ist: wenn der Gegner spielt, darfst Du nicht zwischen Sau und Kreis stehen.
  • Steht der Gegner im Kreis und konzentriert sich auf seinen Wurf, vermeidest Du jede Bewegung und Blickkontakt. Schau in Richtung Sau.
  • Hat der Gegner eine Kugel gespielt, hältst Du Dich sich solange zurück, bis der Gegner sagt, dass er den Punkt beansprucht oder nicht. Erst dann betrittst Du das Bild, um sich im Zweifelsfall zu vergewissern. Das müssen auch nicht immer alle Mitspieler sein, eine Person genügt, sinnvollerweise diejenige mit dem besten Augenmaß.
  • Nimm niemals während der Partie ohne Bestätigung durch den Gegner eine Kugel mit dem lapidaren Hinweis "die war aus!" aus dem Spiel. 
  • Schießt der Gegner, decke nicht ungefragt ein anderes Spiel ab, es sei denn, Du wirst darum gebeten. I.d.R. übernimmt das ein Mitglied des schießenden Teams. 
  • Wenn Dein Team keine Kugeln mehr hat, hast Du in der noch laufenden Aufnahme nichts mehr mit dem Geschehen zu tun. Bis auch der Gegner alle Kugeln gespielt hat, wartest Du (das „leere“ Team) ruhig im Hintergrund. Nachdem alle Kugeln gespielt sind, ist nicht immer alles klar! Nimm niemals eine Kugel aus dem Bild, ehe Du mit dem Gegner einig bist.
  • Der Gegner gibt Dir deine Punkte, nicht du selbst!
  • Wird die Position der Zielkugel während einer Aufnahme wesentlich verändert, klärt die Frage: „Spielen wir die noch?“ nicht Dein Team oder das gegnerische, sondern das Regelwerk. Es gibt grundsätzlich 7 Gründe, warum eine Zielkugel ungültig sein kann.
  • Hebe keine fremden Kugeln auf, außer der Besitzer der Kugeln bittet Dich darum. 
  • Ziehe den Schiedsrichter nur hinzu, wenn Ihr Euch nicht einig seid. Wenn ein Schiedsrichter misst, ist Abstand zu halten. Die Entscheidung des Schiedsrichters wird akzeptiert!
  • Was das Verlassen einer laufenden Partie angeht, gibt das Regelwerk strenge Vorschriften und sogar Strafen vor. Verlässt eine/einer eine Partie, sollte er/sie sich immer beim Gegner abmelden. Laut Regelwerk läuft die Partie auch bei Abwesenheit eines Spielers weiter. Jedoch wenn der Gegner einverstanden ist, kann die eigene Mannschaft erst weiter spielen, wenn der eigene Spieler zurück ist. Bei Meisterschaften solltest Du Dich auch beim Schiedsrichter abmelden.

Der Umgang miteinander

  • Vor dem Spiel wünschst Du dem Gegner und den eigenen Mitspielern ein schönes Spiel und zeigst  somit Deinen Respekt vor den anderen. Wenn man sich nicht kennt, sollte man sich natürlich auch gegenseitig vorstellen.
  • Dem Gegner gibst Du während des Spiels keine Tipps: "Ich würde schießen!" oder im Nachhinein "Ich hätte geschossen!" Nach dem Spiel kann man über alles reden, im Spiel wirkt dies entweder überheblich oder einfach nur unangebracht. 
  • Lob und Freude über eine gelungene Aktion sind natürlich wichtig und schön und sorgen für Motivation und Zusammenhalt. Sei jedoch etwas zurückhaltend mit Jubel und Beifallsbekundungen. Du solltest nicht andere Partien stören oder überheblich wirken. Ebenso sollten lautstarke Beileidsbekundungen als Bewertung der eigenen oder gegnerisch gespielten Kugeln Anfängern vorbehalten bleiben. Glückskugeln am besten gar nicht kommentieren, bestenfalls kannst Du Dich dafür entschuldigen. Natürlich nützt es Deinem Team, wenn beim Gegner etwas schief geht. Offene Freude über unglückliche Aktionen des Gegners haben allerdings im fairen Spiel nichts verloren.
  • Natürlich triffst Du mit Deiner Mannschaft die üblichen Absprachen zur Taktik oder was als nächstes zu tun ist. Die Kommunikation in der eigenen Mannschaft ist wichtig und nicht selten spielentscheidend. Bei vermeintlich schwächeren Spielpartnern solltest Du gute Ratschläge gut dosieren und richtig verpacken. Dem eigenen Mitspieler zu sagen, wo er wie spielen soll, ohne dass er dies erfragt, zeugt nicht vom Vertrauen in die Mannschaft, es kann sogar den eigenen Spieler gegenüber dem Gegner bloßstellen.
  • In Turnieren triffst Du manchmal auf schwache Gegner oder auf Gegner, bei denen keine Kugel laufen will (jeder kennt es selbst). Hier trittst Du nicht überheblich auf, egal wer der Gegner ist, auch nicht beim Stand von 12:0 gegen stark unterlegene Gegner. Fange auch nicht an zu experimentieren, sondern spiele konzentriert und mit Respekt das Spiel zu Ende. Bescheiden gewinnen und souverän verlieren sollte die Devise sein.
  • Steht ein Spieler im Kreis, egal ob Gegner oder Mitspieler, verhältst Du Dich ruhig und wartest ab, bis die Kugel gespielt ist. Das gleiche gilt für Spiele auf der Nebenbahn. Oft sind die Bahnen auf Turnieren eng gesteckt und erfordern von allen eine gewisse Disziplin. Sollten die Spieler auf der Nebenbahn sich nicht so fair verhalten, ist dies kein Grund es selbst nicht zu sein.
  • Wer nicht in der Lage ist, sich einen Kreis, den Spielstand oder die Position der Kugeln zu merken, sollte an seiner Konzentration arbeiten. Fragen nach dem Spielstand, dem richtigen Kreis oder der Anzahl der noch zu spielenden Kugeln oder wem welche Kugel gehört sind natürlich nicht verboten, zeugen aber nicht gerade von Souveränität.
  • Gib Deinem Mitspieler nie das Gefühl, er/sie sei an einem Misserfolg schuld, sondern versuche immer, positiv auf ihn/sie einzuwirken. Die richtige Motivation kann über Sieg und Niederlage entscheiden. Selbst in klaren oder in aussichtslosen Situationen sollte jede Aktion immer als gemeinsame Entscheidung fallen. Missglückte Aktionen trägt man auf diese Art und Weise automatisch gemeinsam und es kommt nicht zu überflüssigen Schuldzuweisungen.

Nach dem Spiel

  • Das Abklatschen oder der Handschlag nach einem Spiel zeugt ebenso von gegenseitigem Respekt. Auch wenn der Gegner unfair aufgetreten ist, kannst Du ihm spätestens dann zeigen, wie man sich zu verhalten hat. Erwidert er das Angebot nicht, ist es sein Problem. Der Sieger meldet der Turnierleitung das Ergebnis direkt nach dem Spiel, um Verzögerungen im Turnierablauf zu vermeiden. Zur Sicherheit lässt Du Dir vom Gegner das Ergebnis bestätigen.
Fair Play